Bearbeiten von „Arbeitserziehungslager Nordmark“
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== Geschichte des Lagers == | |||
Das ''' | Das '''Arbeitserziehungslager Nordmark''' (AEL Nordmark) war ein Häftlingslager der Geheimen Staatspolizei (Gestapo), das ab Juni 1944 errichtet wurde und bis zum Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] bestand. Es befand sich auf einer Fläche von etwa 16 ha am Ostrand des [[Vorderer Russee|Vorderen Russees]] im Stadtteil [[Hassee]], unmittelbar an der damaligen Stadtgrenze. Heute verläuft dort der [[Seekoppelweg]]. | ||
Die Häftlinge wurden ohne Gerichtsverfahren durch die Gestapo in "Schutzhaft" genommen. Es wird geschätzt, dass insgesamt 4 000 bis 5 000 Menschen im Lager inhaftiert waren; die Schätzungen variieren zwischen 3 700 und 6 000 Personen. Die ersten Gefangenen wurden dort Ende Juli 1944 inhaftiert und zu Zwangsarbeit herangezogen. Einsatzgebiete waren Trümmerräumung, Bunkerbau und Bombenräumung, aber auch Arbeit in Kieler Zivilbetrieben. | |||
In den letzten Kriegswochen war das Lager durch "Evakuierungstransporte" (Todesmärsche) aus anderen Lagern vollkommen überfüllt. Durch die Haft- und Arbeitsbedingungen sowie durch Ermordungen, insbesondere in den letzten Tagen angesichts der heranrückenden Front, sind mindestens 578 Häftlinge im AEL Nordmark ums Leben gekommen.<ref>Zu den [https://kiel.de/kultur/stadtarchiv/erinnerungstage/index.php?id=33 Ermordungen] in den letzten Wochen des Lagers bei kiel.de</ref> | |||
Nach Kriegsende wurden die vorhandenen Baracken lange als Flüchtlingslager genutzt. Erst als dies um 1960 nicht mehr erforderlich war, wurden die Holzbaracken abgerissen. Ab 1962 wurde dort der Seekoppelweg angelegt und das heutige Gewerbegebiet entstand.<ref>Geschichte des [http://www.geschichte-s-h.de/arbeitserziehungslager-nordmark/ AEL Nordmark] bei geschichte-s-h.de, mit einem Plan des Lagers</ref> | |||
Nach Kriegsende wurden die vorhandenen Baracken lange als Flüchtlingslager genutzt. Erst als dies um 1960 nicht mehr erforderlich war, wurden die Holzbaracken abgerissen. Ab 1962 wurde dort der Seekoppelweg angelegt und das heutige Gewerbegebiet entstand.<ref>Geschichte des [http://www.geschichte-s-h.de/arbeitserziehungslager-nordmark/ AEL Nordmark] bei geschichte-s-h.de, mit einem Plan des Lagers</ref> | |||
== Juristische Aufarbeitung == | == Juristische Aufarbeitung == | ||
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** Sieben davon wurden, vorwiegend wegen Mangels an Beweisen, freigesprochen. | ** Sieben davon wurden, vorwiegend wegen Mangels an Beweisen, freigesprochen. | ||
** 15 Angeklagte wurden zu Haftstrafen zwischen zwei und 20 Jahren Gefängnis verurteilt. | ** 15 Angeklagte wurden zu Haftstrafen zwischen zwei und 20 Jahren Gefängnis verurteilt. | ||
** Dem dänischen Lagersanitäter Orla Eigil Jensen konnte die Ermordung kranker und schwer verletzter Häftlinge nachgewiesen werden. Er wurde zum Tode verurteilt, die Strafe wurde nach Einspruch durch das dänische Königshaus in lebenslange Haft umgewandelt | ** Dem dänischen Lagersanitäter Orla Eigil Jensen konnte die Ermordung kranker und schwer verletzter Häftlinge nachgewiesen werden. Er wurde zum Tode verurteilt, die Strafe wurde nach Einspruch durch das dänische Königshaus in lebenslange Haft umgewandelt. | ||
** Der stellvertretende Lagerkommandant Otto Baumann wurde zum Tode verurteilt. Er wurde 1948 hingerichtet. | ** Der stellvertretende Lagerkommandant Otto Baumann wurde zum Tode verurteilt. Er wurde 1948 hingerichtet. | ||
:Alle zu Haftstrafen Verurteilten kamen bis 1956 aus den Gefängnissen frei. | :Alle zu Haftstrafen Verurteilten kamen bis 1956 aus den Gefängnissen frei. | ||
=== Durch deutsche Gerichte === | === Durch deutsche Gerichte === | ||
Durch die deutsche Justiz wurden die Verbrechen im AEL Nordmark nicht gesühnt. Die Staatsanwaltschaften ermittelten zwischen 1946 und 1967 mehrfach gegen Täter wegen | Durch die deutsche Justiz wurden die Verbrechen im AEL Nordmark nicht gesühnt. Die Staatsanwaltschaften ermittelten zwischen 1946 und 1967 mehrfach gegen Täter wegen Mord, Totschlag oder Beteiligung daran, es kam jedoch nur selten zu Anklagen und verurteilt wurde niemand. | ||
Der Hauptverantwortliche für das Lager, der ehemalige schleswig-holsteinische Gestapo-Chef Fritz Schmidt, war untergetaucht und konnte erst 1963 verhaftet werden. Die Anklagebehörde konnte ihm keinen Mord mehr nachweisen, so dass auch er nicht verurteilt wurde.<ref>{{WP|https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Schmidt_(Gestapo)|Fritz Schmidt}}</ref> | Der Hauptverantwortliche für das Lager, der ehemalige schleswig-holsteinische Gestapo-Chef Fritz Schmidt, war untergetaucht und konnte erst 1963 verhaftet werden. Die Anklagebehörde konnte ihm keinen Mord mehr nachweisen, so dass auch er nicht verurteilt wurde.<ref>{{WP|https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Schmidt_(Gestapo)|Fritz Schmidt}}</ref> | ||
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== Gedenken == | == Gedenken == | ||
[[Datei:AEL Nordmark.jpg|mini|Gedenksteinenthüllung durch [[Günther Bantzer]], 1971]] | [[Datei:AEL Nordmark.jpg|mini|Gedenksteinenthüllung durch [[Günther Bantzer]], 1971]] | ||
Mindestens zwei Gedenksteine wurden bereits 1946/47 durch überlebende ehemalige polnische Zwangsarbeiter aufgestellt. Sie waren allerdings spätestens nach der Neubebauung des Geländes Anfang der 1960er Jahre verschwunden | Mindestens zwei Gedenksteine wurden bereits 1946/47 durch überlebende ehemalige polnische Zwangsarbeiter aufgestellt. Sie waren allerdings spätestens nach der Neubebauung des Geländes Anfang der 1960er-Jahre verschwunden. | ||
Erst am [[17. Juni]] [[1971]] wurde wieder ein Gedenkstein aufgestellt, und zwar an der Ecke Seekoppelweg/Rendsburger Landstraße. Der Aufstellungsort gehört heute zum Firmengrundstück der Firma J. Matthies und steht dort am Rande des Kundenparkplatzes gegenüber dem Gebäudeeingang. | |||
In den 1980er-Jahren konnte durch den "Arbeitskreis Asche-Prozeß" und später durch den "Arbeitskreis zur Erforschung des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein" (AKENS) die Geschichte des Lagers weiter erforscht und aufgearbeitet werden. Das führte 1985 zur Aufstellung einer Betonstele mit einer bronzenen Informationstafel am Platz des ehemaligen Lagereingangs an der [[Rendsburger Landstraße]]. | |||
Im Jahr 2000 wurde ein Überrest von einem der ersten Gedenksteine aus der Nachkriegszeit wiederentdeckt. Seit dem [[4. Mai]] [[2003]] gibt es | Im Jahr 2000 wurde ein Überrest von einem der ersten Gedenksteine aus der Nachkriegszeit wiederentdeckt. Seit dem [[4. Mai]] [[2003]] gibt es unter Verwendung dieses Steines einen weiteren Gedenkstein und drei Informationstafeln auf dem ehemaligen Lagergelände: Sei befinden sich am Rande des heutigen Sportplatzes, neben den erhaltenen Betonfundamenten des ehmaligen "Gästehauses" der SS. <ref>Weitere [http://www.akens.org/akens/texte/info/47/128.htm Informationen zum Gedenkort] bei akens.org</ref><ref>Beschreibung der [http://www.akens.org/akens/gedenkort.html Gedenkstätten] bei akens.org mit Plan des Lagers und Fotos der Gedenkstätten</ref> | ||
Einen weiteren Gedenkort stellt eine unscheinbare Grabplatte auf dem [[Friedhof Eichhof]] | Einen weiteren Gedenkort stellt eine unscheinbare Grabplatte auf dem [[Friedhof Eichhof]] . Dort sind in den Gräberfeldern 59 bis 61 die sterblichen Überreste von 41 Menschen bestattet worden, die man 1962 in einem Massengrab auf dem Lagergelände fand.<ref>Jens Rönnau: ''Open Air Galerie Kiel - Kunst und Denkmäler'', Neumünster (Wachholtz), 2011, ISBN 987-3-529-05-05433-4; dort die Nummern 81, 156, 242 und 304. </ref> | ||
== Weblinks == | == Weblinks == | ||
{{ | {{Adresse|Str=Seekoppelweg|Nr=1|2=Ungefähre heutige Lage des Gedenksteins von 1971}} | ||
== Einzelnachweise == | == Einzelnachweise == | ||
<references /> | <references /> | ||
[[Kategorie:Rendsburger Landstraße]] [[Kategorie:Seekoppelweg]] [[Kategorie:Neuzeit]] [[Kategorie:Hassee]] | |||