Arbeitserziehungslager Nordmark

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Geschichte des Lagers

Das Arbeitserziehungslager Nordmark (AEL Nordmark) war ein Häftlingslager der Geheimen Staatspolizei (Gestapo), das ab Juni 1944 errichtet wurde und bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges bestand. Es befand sich auf einer Fläche von etwa 16 ha am Ostrand des Vorderen Russees im Stadtteil Hassee, unmittelbar an der damaligen Stadtgrenze. Heute verläuft dort der Seekoppelweg.

Die Häftlinge wurden ohne Gerichtsverfahren durch die Gestapo in "Schutzhaft" genommen. Die ersten von insgesamt 4 000 bis 5 000 Gefangenen wurden dort Ende Juli 1944 inhaftiert und zu Zwangsarbeit herangezogen. Einsatzgebiete waren Trümmerräumung, Bunkerbau und Bombenräumung, aber auch Arbeit in Kieler Zivilbetrieben.

In den letzten Kriegswochen war das Lager durch "Evakuierungstransporte" (Todesmärsche) aus anderen Lagern vollkommen überfüllt. Durch die Haft- und Arbeitsbedingungen sowie durch Ermordungen, insbesondere in den letzten Tagen angesichts der heranrückenden Front, sind mindestens 578 Häftlinge im AEL Nordmark ums Leben gekommen.[1]

Nach Kriegsende wurden die vorhandenen Baracken lange als Flüchtlingslager genutzt. Erst als dies um 1960 nicht mehr erforderlich war, wurden die Holzbaracken abgerissen. Ab 1962 wurde dort der Seekoppelweg angelegt und das heutige Gewerbegebiet entstand.[2]

Juristische Aufarbeitung

Durch britische Gerichte

  • Der Lagerkommandant, Kriminalkommissar und SS-Sturmbannführer Johannes Post, wurde am 3. September 1947 von einem britischen Militärgericht zum Tode verurteilt und gehängt. Das Urteil erging allerdings wegen seiner Beteiligung an der Erschießung von Kriegsgefangenen im März 1944, also vor dem Bestehen des Lagers.
  • Von Herbst 1947 bis Frühjahr 1948 standen 24 Personen unter Mordanklage vor einem britischen Militärgericht in Hambur ("Kiel-Hassee-Cases").
    • Sieben davon wurden, vorwiegend wegen Mangels an Beweisen, freigesprochen.
    • 15 Angeklagte wurden zu Haftstrafen zwischen zwei und 20 Jahren Gefängnis verurteilt.
    • Dem dänischen Lagersanitäter Orla Eigil Jensen konnte die Ermordung kranker und schwer verletzter Häftlinge nachgewiesen werden. Er wurde zum Tode verurteilt, die Strafe wurde nach Einspruch aus Dänemark in lebenslange Haft umgewandelt.
    • Der stellvertretende Lagerkommandant Otto Baumann wurde zum Tode verurteilt. Er wurde 1948 hingerichtet.
Alle zu Haftstrafen Verurteilten kamen bis 1956 aus den Gefängnissen frei.

Durch deutsche Gerichte

Durch die deutsche Justiz wurden die Verbrechen im AEL Nordmark nicht gesühnt. Die Staatsanwaltschaften ermittelten zwischen 1946 und 1967 mehrfach gegen Täter wegen Mord, Totschlag oder Beteiligung daran, es kam jedoch nur selten zu Anklagen und verurteilt wurde niemand.

Der Hauptverantwortliche für das Lager, der ehemalige schleswig-holsteinische Gestapo-Chef Fritz Schmidt, konnte erst 1963 verhaftet werden. Die Anklagebehörde konnte ihm keinen Mord mehr nachweisen, so dass auch er nicht verurteilt wurde.

Gedenken

Erst am 17. Juni 1971 wurde ein erster Gedenkstein an der Ecke Seekoppelweg/Rendsburger Landstraße aufgestellt. Er gehört heute zur Fläche der Firma J. Matthies und steht dort am Rande des Kundenparkplatzes gegenüber dem Gebäudeeingang.

In den 1980er-Jahren konnte durch den "Arbeitskreis Asche-Prozeß" und später durch den "Arbeitskreis zur Erforschung des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein" (AKENS) die Geschichte des Lagers weiter erforscht und aufgearbeitet werden. Seit dem 4. Mai 2003 gibt es auf dem Lagergelände einen weiteren Gedenkstein und drei Informationstafeln.[3]

Weblinks

  1. Zu den Ermordungen in den letzten Wochen des Lagers bei kiel.de
  2. Geschichte des AEL Nordmark bei geschichte-s-h.de
  3. Weitere Informationen zum Gedenkort bei akens.org