Bearbeiten von „Zeitzeugen Matrosen– und Arbeiteraufstand 1918/1919

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:''Zur Frage warum Noske in Kiel relativ freie Hand erhielt, nahm Artelt in den 1960er Jahren auf Fragen von Angehörigen der Volksmarine wie folgt Stellung (nach Robert Rosentreter, "Blaujacken im Novembersturm", Dietz Verlag, 1988, S. 250 f.): Karl Artelt hat auf diesbezügliche Fragen von Angehörigen der Volksmarine immer wieder betont, dass ihm und anderen Genossen die Rolle Noskes durch dessen Verhalten erst nach und nach bewußt geworden wäre. Artelt selbst und andere ... hätten zwar gewußt, dass Noske zu den rechten Kräften in der Partei gehörte, ihn aber doch immerhin als sozialistischen Parteifunktionär angesehen und gehofft, dass er in der Revolution eine den Arbeitern nützliche Politik machen würde, keineswegs hätte jemals jemand gedacht, dass er bereit sein könnte, auf Arbeiter schießen zu lassen ....''
:''Zur Frage warum Noske in Kiel relativ freie Hand erhielt, nahm Artelt in den 1960er Jahren auf Fragen von Angehörigen der Volksmarine wie folgt Stellung (nach Robert Rosentreter, "Blaujacken im Novembersturm", Dietz Verlag, 1988, S. 250 f.): Karl Artelt hat auf diesbezügliche Fragen von Angehörigen der Volksmarine immer wieder betont, dass ihm und anderen Genossen die Rolle Noskes durch dessen Verhalten erst nach und nach bewußt geworden wäre. Artelt selbst und andere ... hätten zwar gewußt, dass Noske zu den rechten Kräften in der Partei gehörte, ihn aber doch immerhin als sozialistischen Parteifunktionär angesehen und gehofft, dass er in der Revolution eine den Arbeitern nützliche Politik machen würde, keineswegs hätte jemals jemand gedacht, dass er bereit sein könnte, auf Arbeiter schießen zu lassen ....''


=== Gustav Garbe ===
[[Datei:gustav_garbe.jpg|150px|thumb|right|Foto Gustav Garbes aus dem Kieler Gewerkschaftshaus, aufgenommen vermutlich in den 1920er Jahren.]]
Der bekannte Kieler Gewerkschaftsfunktionär, Gustav Garbe (SPD, 1865–1935), wurde am 5. November 1918 zum Vorsitzenden des neu gebildeten Kieler Arbeiterrats gewählt. Er wurde zunächst als zögerlich wahrgenommen, weil er vergeblich die Marineangehörigen aufforderte mit der Bewegung noch „ein bis zwei Tage zu warten, da von den Werftarbeitern etwas ähnliches geplant sei.“ Er zeigte sich jedoch als tatkräftige Person und widersetzte sich mit Lothar Popp zusammen Gustav Noskes Vorstoß, den Aufstand abzubrechen. Der Schulterschluss zwischen Matrosen und Arbeitern wurde damit eindrucksvoll dokumentiert und es ist somit völlig berechtigt von einem Matrosen- und Arbeiteraufstand zu sprechen. Auf diesen Vorfall bezog sich Garbe, wenn er 1919 auf einer Konferenz der Metallarbeitergewerkschaft in Stuttgart sagte:
:''Erst dadurch, dass die Soldaten und Arbeiter Hand in Hand gingen, erst dadurch, dass man sich seinerzeit, obgleich man den Haußmann und den Noske hat nach Kiel kommen lassen, wo wir sie damals eingewickelt haben, nicht hat beeinflussen lassen, erst dadurch ist es möglich geworden … <ref>Deutscher Metallarbeiter-Verband (Hrsg.): Protokoll der Konferenz der Bevollmächtigten des D.M.-V., abgehalten vom 16. bis 18. Juni 1919 im Saale des Stadtgartens in Stuttgart. Stuttgart 1919. Garbes Rede ist auf den Seiten 61. ff. wiedergegeben.</ref>''
Die im Folgenden angegebene PDF-Datei enthält Hinweise auf ausführliche Artikel über Garbe sowie eine kurze Biografie, Redebeiträge und schriftliche Zeugnisse Garbes: [http://kiel-wiki.de/index.php?title=Datei:Kuhl_gustav-garbe_2023.pdf PDF-Datei].


== Mannschaftsangehörige Marine, untere Dienstgrade ==
== Mannschaftsangehörige Marine, untere Dienstgrade ==
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Zum vollständigen übertragenen und kommentierten Dokument: [http://kiel-wiki.de/index.php?title=Datei:schwabe_manuskript_1950-60.pdf PDF-Datei].
Zum vollständigen übertragenen und kommentierten Dokument: [http://kiel-wiki.de/index.php?title=Datei:schwabe_manuskript_1950-60.pdf PDF-Datei].


=== Fritz Fischer ===
== Mannschaftsangehörige Marine, mittlere Dienstgrade ==
Fritz Fischer fuhr als Obermatrose auf Torpedobooten und Zerstörern. Er war verschiedentlich widersetzlich und überzog seinen Urlaub. Er erhielt deshalb Strafen und wurde zum Matrosen degradiert. Im Oktober 1918 gehörte er der I. Torpedo-Divison in Kiel-Wik an. Später wurde er ein bekannter Intendant und verfasste 1970 seine unveröffentlichten Memoiren. Darin widmet Fischer mehrere Seiten seiner Zeit in der Kaiserlichen Marine und seiner Rolle beim Kieler Matrosenaufstand. Er wurde mit Karl Artelt in den ersten Soldatenrat gewählt und gehörte auch der Delegation an, die vom Gouverneur Souchon ins Stationsgebäude gebeten wurde. Fischer nahm auch an den folgenden zwei Verhandlungen (an der dritten waren auch Noske und Haußmann beteiligt) am selben Tag teil.
Auszüge aus den Memoiren:
:''Und dann wie ich dort ankam, in Kiel, also wo waren Sie die ganze Zeit, sage ich, ich weiß es nicht. Also kam ich vor das Kriegsgericht und dieser Kriegsrichter ...... also ich kam dauernd zu Vernehmungen, wurde vorgeführt, und inzwischen gärte es natürlich schon bereits. Und eines Tages kam der Moment, … Also wir bekamen die Waffen ausgehändigt mit Munition, dann wurden sie uns wieder weggenommen. … wurde also von Mittags, wurde die ganze Werftdivision und [Torpedo-] Division zusammen auf dem Riesenplatz, den es ja heute noch gibt, zusammengetrommelt und der Kapitän Bartels hielt uns also eine Rede und sagte, was ist eigentlich los mit euch. Und so und so. Und alles fing an zu murren und wir … [gingen] auseinander. Daraufhin wollte er vier, zwei Leute von der Werftdivision und zwei Leute von der Torpedo-Division sprechen. Ich wurde von den Kameraden dazu abgeteilt. Der eine war ein Matrose Artelt und wir haben also gesagt, was wir wollten. Der A. sagte sofortige Abdankung vom Kaiser und ich sagte sofort die Gefängnisse auf, ja von allen Politischen. Währenddem … kam ein Telefunk-Gespräch und es wurde gesagt, wir sollten zum Gouverneur vorgeführt werden. Er wolle uns sprechen in Kiel. Auf einem kleinen Lastwagen fuhren wir also zum Gouverneur, saßen dem gegenüber am grünen Tisch und haben also unsere Anliegen vorgebracht. Der Kriegsgerichtsrat, der mich verhörte, der saß mir gegenüber. Dies sei nebenbei gesagt, es ist ein Stuttgarter gewesen, den ich später im Theater im Foyer getroffen habe.''
Zum vollständigen Abschnitt über seine Erlebnisse während des Aufstands: [http://kiel-wiki.de/index.php?title=Datei:Fritz-fischer_memoiren-revzeit_1970.pdf PDF-Datei].
 
=== Frederik Matzen, dänisch gesinnter Matrose ===
Matzen kam aus Gråsten/Gravenstein, das vor dem ersten Weltkrieg zum deutschen Kaiserreich gehörte. Er berichtet in zwei Artikeln des Jahrbuchs dänisch gesinnter ehemaliger Kriegsteilnehmer (DSK) 1963 und 1967 über seine Erlebnisse während des Matrosenaufstands in Kiel. Zu der Zeit erhielt er eine Ausbildung zum U-Bootfahrer und war auf der in der Wik liegenden SMS „Mars“ untergebracht. Seine Einheit wurde in die Stadt geführt, um den Aufstand niederzuschlagen.
 
Auszug aus seinen Berichten:
 
:''Wir wurden von einem Kapitänleutnant geführt. Meine Gruppe wurde von einem Leutnant geleitet, der während des Eilmarsches nach Kiel versuchte, unsere Gunst zu gewinnen, indem er uns auf Plattdeutsch ansprach. Wahrlich, das große Vaterland musste am Rande des Abgrunds stehen! Es war ein dunkler und trüber Regentag, als wir mit vielen anderen Truppenteilen auf dem Kasernenhof der Matrosendivision aufgestellt wurden. […] Der Kommandeur der Marinestation, […] kam mit seinem Stab auf den Platz. Der Admiral war ein kleiner, älterer Mann. Mein bleibender Eindruck von ihm war, dass er kurz davor war, von der großen, mit Gold überladenen Mütze, von den schweren Epauletten auf seinen Schultern und vom Ernst der Lage zu Boden gedrückt zu werden ... ''
 
Zu den vollständige Artikeln in Deutsch und Dänisch, und weiteren Kiel betreffenden Artikeln aus den Jahrbüchern: [http://kiel-wiki.de/index.php?title=Datei:Matzen_DSK_aarbog_1963_1967.pdf PDF-Datei].
 
== Marine, mittlere Dienstgrade ==
=== Fritz Fabian ===
=== Fritz Fabian ===
Fritz Fabian (geb. 1887) kam aus Oberschlesien und diente während des Ersten Weltkriegs als Unteroffizier auf SMS „Kronprinz Wilhelm“. In seinen Revolutionserinnerungen, verfasst vermutlich in den 1920er Jahren, beschreibt er die Ereignisse von Ende 1918 bis etwa 1920. Das Dokument wurde von einem Nachfahren in EUROPEANA eingestellt und von Klaus Kuhl transkribiert (ein Teil wurde auch von Axel Klekers transkribiert) und kommentiert. Der Schreiber hatte ein konservatives und nationalistisches Werteverständnis. Viele der berichteten Details halten einer Überprüfung nicht stand. Fabian versuchte – auch wenn er den Seeoffizieren (eher indirekt) mangelndes Durchgreifen vorwarf, ein positives Bild von ihnen zu zeichnen. In einer mehr nebensächlichen Anmerkung kommt jedoch ganz grundsätzliche Kritik zum Vorschein:
Fritz Fabian (geb. 1887) kam aus Oberschlesien und diente während des Ersten Weltkriegs als Unteroffizier auf SMS „Kronprinz Wilhelm“. In seinen Revolutionserinnerungen, verfasst vermutlich in den 1920er Jahren, beschreibt er die Ereignisse von Ende 1918 bis etwa 1920. Das Dokument wurde von einem Nachfahren in EUROPEANA eingestellt und von Klaus Kuhl transkribiert (ein Teil wurde auch von Axel Klekers transkribiert) und kommentiert. Der Schreiber hatte ein konservatives und nationalistisches Werteverständnis. Viele der berichteten Details halten einer Überprüfung nicht stand. Fabian versuchte – auch wenn er den Seeoffizieren (eher indirekt) mangelndes Durchgreifen vorwarf, ein positives Bild von ihnen zu zeichnen. In einer mehr nebensächlichen Anmerkung kommt jedoch ganz grundsätzliche Kritik zum Vorschein:
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:''Bei dieser Gelegenheit [Überführung des III. Geschwaders nach Kiel ohne dass die Offiziere sich an der Schiffsführung beteiligen durften] mag wohl manchem jungen Offizier die Erkenntnis gekommen sein, daß es nicht allein nur tüchtige Offiziere, sondern auch hervorragend tüchtige U.O. [Unteroffiziere] gab, deren Tüchtigkeit und Fähigkeit aber nie in gerechter Weise eingeschätzt wurden. […] Wäre dieser Dünkel nicht vorhanden gewesen und wäre die Selbstüberhebung der jüngeren Offiziere nicht systematisch genährt worden, ich glaube, das Seeoffizierkorps und überhaupt die ganze Marine hätte sich vielleicht besser dabei gestanden. Ich erwähne das nur so nebenher.''
:''Bei dieser Gelegenheit [Überführung des III. Geschwaders nach Kiel ohne dass die Offiziere sich an der Schiffsführung beteiligen durften] mag wohl manchem jungen Offizier die Erkenntnis gekommen sein, daß es nicht allein nur tüchtige Offiziere, sondern auch hervorragend tüchtige U.O. [Unteroffiziere] gab, deren Tüchtigkeit und Fähigkeit aber nie in gerechter Weise eingeschätzt wurden. […] Wäre dieser Dünkel nicht vorhanden gewesen und wäre die Selbstüberhebung der jüngeren Offiziere nicht systematisch genährt worden, ich glaube, das Seeoffizierkorps und überhaupt die ganze Marine hätte sich vielleicht besser dabei gestanden. Ich erwähne das nur so nebenher.''


Zum vollständigen übertragenen und kommentierten Dokument: [http://kiel-wiki.de/index.php?title=Datei:Fabian_revolutionserinnerungen_1924_kommentiert.pdf PDF-Datei].
Zum vollständigen übertragenen und kommentierten Dokument: [http://kiel-wiki.de/index.php?title=Datei:Fabian revolutionserinnerungen 1924 kommentiert.pdf PDF-Datei].
 
=== Paul Kässner, Oberdeckoffizier ===
Kässner (geb. vermutlich ca. 1880) schrieb 1932 die Geschichte der Deckoffizierbewegung (Selbstverlag Altona), weitgehend gestützt auf zeitnah verfasste Berichte. Seine Schilderungen zu wichtigen Ereignissen wurden bisher in der Geschichtsschreibung kaum berücksichtigt. Dies betrifft besonders: Bildung der Sicherheitstruppe des Soldatenrats, Aufbau der Eisernen Brigade/Division, die Februarunruhen 1919 in Kiel, die Ernennung von Volksoffizieren.
Auszug bzgl. des Aufbaus der Eisernen Division (I. Marine-Brigade):
:''In der Versammlung wurde natürlich auch die Führerfrage besprochen. Selbstverständlich war von der Regierung von vornherein zugestanden worden, daß diese Truppe selbst ihre Führer und ihr inneres Leben bestimmen könne. Aus der Versammlung heraus wurde allgemein zum Ausdruck gebracht: Wir wollen nicht daran denken, wie wir früher behandelt worden sind und deshalb sollen ruhig Offiziere alle oberen Stellen in der Truppe besetzen; aber es müssen Offiziere sein, die unser Vertrauen besitzen und die auch etwas vom Landkrieg verstehen. In diesem Sinne ließ Kamerad Alboldt noch am selben Abend die verschiedenen Offiziersgruppen und im besonderen die Seeoffiziere informieren und ihnen sagen, daß die Formation der Truppe am andern Vormittag in der Waldwiese erfolgen werde. Es mag hier gleich erwähnt werden, daß sich außer Kapitänleutnant v. Werner kein einziger Offizier dort einfand.''
Analyse und Edition: [http://kiel-wiki.de/index.php?title=Datei:Kuhl_analyse-edition-kaessner-deckoffizierbewegung_2022.pdf PDF-Datei.]
 
=== Louis Streichert ===
Louis Streichert (geb. 1890) diente im ersten Weltkrieg auf SMS "Straßburg" vermutlich als Unter- oder Deckoffizier. Er wurde im Jahr 1975 von Karl-Reinhard Titzek und Tilmann Weiherich interviewt.
Auszüge:
:''Zum Beispiel habe ich meinen Eltern geschrieben, dass ich gerne fürs Vaterland sterben würde, und wir den Kaiser an Bord nehmen und mit der ganzen Flotte ruhmreich untergehen. Manchmal hat der einfache Heizer weiter gedacht als der Herr Admiral. Wir fuhren nicht raus und gaben die Minen in Cuxhaven wieder ab. Dann fuhren wir durch den Kanal in die Ostsee. Als wir nach Kiel kamen, sahen wir die ganze deutsche Flotte. […] Da sind wir ausgewichen nach Saßnitz (Rügen). Da wurde ein Telegramm an den Kaiser geschickt: „Wir halten treu zu unserem Kaiser, und wenn er es wünscht, nehmen wir ihn an Bord und fahren mit ihm irgendwohin ins Ausland.“ Der Kommandant stand da und weinte beinahe. Er sagte, dass der Kaiser sie alle aus ihrem Eid entbunden hätte. Er ging dann weinend weg. Da holten wir die Kriegsflagge nieder.''
Das vollständige Interview mit einem Bericht des I. Offiziers über die Ereignisse im Anhang ist hier zugänglich: [http://kiel-wiki.de/index.php?title=Datei:Interview-streichert-brosch-weddigen-strassburg.pdf PDF-Datei.]


== Marineoffiziere ==
== Marineoffiziere ==
=== Admiral Bachmann, Admiral Souchon, Konteradmiral Küsel ===
Gustav Bachmann war bis zum 30. Oktober 1918 Gouverneur von Kiel und hatte damit die militärische und zivile Gewalt inne. Er wurde abgelöst von Wilhelm Souchon. Hans Küsel war Stabschef in der Marinestation in Kiel. Alle drei hinterließen schriftliche Aufzeichnungen über die Ereignisse. Insbesondere Küsel verfasste einen detaillierten Bericht, den er bereits 1919 begann und 1935 abschloss. In den Aufzeichnungen wird auch thematisiert, warum man das III. Geschwader in das „Pulverfass“ Kiel schickte. Dies trug entscheidend zur weiteren Eskalation bei, die schließlich zum Kieler Matrosen- und Arbeiteraufstand führte.
Küsel schrieb u.&nbsp;a.:
:''Der Stationschef sieht sich in eine ungeheuer schwierige Lage […] versetzt, in der die Entscheidung ihm schon aus der Hand genommen ist. Es ist vollendete Tatsache, daß die Schiffe des III. Geschwaders, auf denen nach eigner Meldung des Geschwaderchefs [Kraft], Meutereien im größten Umfange vorgekommen sind, im Hafen von Kiel liegen. Beurlaubungen im größten Umfang haben von den Schiffen bereits stattgefunden. Admiral Souchon setzt Vizeadmiral Kraft die Lage in Kiel auseinander. Im Festungsbereich befinden sich über 100.000 Arbeiter, unter denen es gärt. Für den 5. oder 7. November wird ein Streik der Rüstungsarbeiter erwartet. […] Die Hauptgefahr sah Admiral Souchon ebenso wie ich darin, daß streikende Arbeiter und meuternde Soldaten sich zusammenfinden könnten.''
:''Aus diesen Erwägungen heraus stellte Admiral Souchon erneut die Forderung an Vizeadmiral Kraft, Kiel sofort mit seinen Schiffen zu verlassen. Den Hafen sofort mit seinen Schiffen wieder zu verlassen erklärte sich jetzt Vizeadmiral Kraft außerstande. Von einer weitgehenden Beurlaubung erwarte er aber mit Zuversicht eine durchgreifende Beruhigung.''
Die Berichte der Seeoffiziere werden in einer 2023 erschienen Veröffentlichung vorgestellt und analysiert: Klaus Kuhl: Gefangen in Überheblichkeit und Engstirnigkeit: Die führenden Seeoffiziere und der Matrosen- und Arbeiteraufstand in Kiel 1918. Die Berichte der Chefs der Marinestation und Gouverneure von Kiel, Admiral Gustav Bachmann und Admiral Wilhelm Souchon sowie ihres Stabschefs Konteradmiral Hans Küsel. Kiel 2023. Herausgegeben vom Verein Maritimes Viertel – Kultur am Kanal e.V.
=== Karl von Kunowski ===
=== Karl von Kunowski ===
Karl von Kunowski (1897–1991) war Fähnrich und Wachoffizier (WO) auf der „Markgraf“. Er schrieb seine Erlebnisse vermutlich noch 1918 auf. Später wohnte er in Flintbek bei Kiel und war Professor an der Kieler Universität. Er übergab sein Typoskript, das er betitelte: “Erinnerungen an: Die letzten Tage der Kaiserlichen Marine1918, beim III. Geschwader auf SMS Markgraf als wachhabender Offizier“, 1978 an [[Dirk Dähnhardt]], siehe Nachlass im [[Stadtarchiv]].  
Karl von Kunowski (1897–1991) war Fähnrich und Wachoffizier (WO) auf der „Markgraf“. Er schrieb seine Erlebnisse vermutlich noch 1918 auf. Später wohnte er in Flintbek bei Kiel und war Professor an der Kieler Universität. Er übergab sein Typoskript, das er betitelte: “Erinnerungen an: Die letzten Tage der Kaiserlichen Marine1918, beim III. Geschwader auf SMS Markgraf als wachhabender Offizier“, 1978 an [[Dirk Dähnhardt]], siehe Nachlass im [[Stadtarchiv]].  
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Zu den vollständigen Interviews: [http://kiel-wiki.de/index.php?title=Datei:kuhl_interviews-j-pump_1978-1987.pdf PDF-Datei].
Zu den vollständigen Interviews: [http://kiel-wiki.de/index.php?title=Datei:kuhl_interviews-j-pump_1978-1987.pdf PDF-Datei].
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== Heeresoffiziere ==
== Heeresoffiziere ==
Als die Lage in Kiel sich zuspitzte, forderte die Marineführung in Kiel Infanterie von außerhalb an. Am 4. November 1918 erschienen verschiedene Einheiten in Kiel. Dabei liegen von den folgenden führend beteiligten Heeresoffizieren schriftliche Zeugnisse vor.
=== Adalbert von Falk, kommandierender General des stellvertretenden Generalkommandos des IX. Armee-Korps in Altona ===
[[Datei:Adalbert von Falk circa 1915.jpg|150px|thumb|Adalbert von Falk, nach März 1915]]
Der Gouverneur und Chef der Marinestation der Ostsee in Kiel, Admiral Wilhelm Souchon forderte am 3. November abends bei dem benachbarten Armeekorpsbezirk Infanterie an. Nach den Schüssen auf die Demonstranten und der Auflösung der Demonstration wurde dies zunächst zurückgenommen, am frühen Morgen des nächsten Tages aber erneuert. v. Falk berichtete darüber in einem Brief vom 12. November 1936 an den damaligen Hauptmann Erich Trowitz (Major a. D.).
Auszug:
:''Ich selbst war seit dem Sonntag, den 3. November, an dessen Abend mich der Hilfeschrei des ratlosen Gouvernements Kiel in Altona erreichte, hier unabkömmlich; im Versuch zusammenzuraffen, was noch an Truppenbrocken im Korpsbezirk und dessen Nachbarschaft zu sammeln war; im Dauerverkehr mit dem Kriegsministerium; mobile Truppen (1 Korps) heischend, um damit die Aufrührer zu Paaren zu treiben. Der schnelle Entschluss – vom Kriegsministerium [Scheüch] genehmigt – der verheissenen Truppe entgegen zu eilen, blieb ohne Erfolg. Die Ereignisse waren schneller als ich.''<ref>Bundesarchiv BArch RM 8/1025 Bl. 53.</ref>
Der hier zugängliche Artikel von Klaus Kuhl enthält u.&nbsp;a. eine Einordnung, Diskussion und Einschätzung des Briefs: [http://kiel-wiki.de/index.php?title=Datei:Kuhl_einschaetzung-e-h-schmidt-u-quellenkritik-trowitz_2017.pdf PDF-Datei.]


=== Hauptmann Erich Trowitz ===
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Bei der ersten Infanterieanforderung aus Kiel am 3. November 1918 abends beauftragte das Kommando des IX. Armeekorps in Altona den Generalleutnant Harry von Wright in Lübeck, Kommandeur der stellvertretenden 81. Infanterie-Brigade, mit den zu treffenden Maßnahmen. Dieser wiederum bestimmte den Hauptmann Erich Trowitz vom (Ersatz) Infanterie-Regiment 163 in Neumünster zum Befehlshaber der aufgebotenen Einheiten aus Neumünster, Schleswig und Lübeck. Die Anforderung wurde kurz darauf zurückgenommen, aber am nächsten Tag erneuert. Diesmal war zusätzlich eine Einheit (ca. 180 Mann) aus Rendsburg dabei, die Kiel bereits am späten Vormittag erreichte und in die Wik geschickt wurde, weil sich dort die Ereignisse zuspitzten. Bei allen anderen Einheiten kam es zu Verzögerungen, die wohl in erster Linie v. Wright zu verantworten hatte, weil dieser sich auf Inspektionsreise begeben hatte. Trowitz erreichte Kiel erst um 15 Uhr, als die Marineführung aufgrund der nicht erwarteten schnellen Ausbreitung des Aufstands bereits mit den Aufständischen unterhandeln musste und einen Schusswaffeneinsatz nunmehr untersagte. Die anderen Einheiten kamen erst abends an; insgesamt handelte es sich um ca. 1200 Mann. Trowitz fuhr in der Nacht wieder zurück nach Neumünster, allerdings ohne die von ihm zum Schutz der Station abgestellte Gruppe unter von Treyden. Von diesen waren Teile vermutlich übergelaufen. Trowitz schweigt sich in seinem späteren Bericht darüber aus.
Im Jahr 1935 verfasste er (inzwischen Major a.&nbsp;D.) diesen für die Zeitschrift "Bundeszeitung der Vereinigungen ehemaliger 163er",<ref group="A"> Das Reichskriegsministerium in Berlin verlangte die Zurückziehung und Vernichtung der Ausgabe "da [Trowitz' Artikel] geeignet ist, anstelle der heute angestrebten vertrauensvollen Einheit der Nation Gegensätze in der Wehrmacht hervorzurufen." Falls er dieser Aufforderung nicht zufriedenstellend nachkomme, würde die Geheime Staatspolizei mit der Beschlagnahme beauftragt. Bundesarchiv BArch RM 8/1025 Bl. 22.</ref> in dem er seine Erlebnisse schilderte.
Auszug:
:''Ich habe das unerschütterliche Bewusstsein, daß es auch mit den zur Verfügung stehenden Kräften ohne Mühe gelungen wäre am 4. November 1918 die Meuterei in Kiel zu unterdrücken, nicht zum wenigsten aus dem Grunde, weil die Matrosen nur aus gemeiner Feigheit sich zu ihrem verbrecherischen Treiben hatten verleiten lassen.<ref>Erich Trowitz: Revolution in Kiel – E./163. In: Bundeszeitung der Vereinigungen ehemaliger 163er, Nr. 11 1936. Bundesarchiv BArch RM 8/1025 fol. 32-36.</ref>''
Die Demonstranten in Kiel hatten trotz mehrmaligem Schusswaffeneinsatzes der Patrouille diese in die Flucht geschlagen; sicherlich kein Zeichen von Feigheit. Auch weitere von Trowitz angeführte Gründe können nicht überzeugen. Siehe dazu den Artikel von Klaus Kuhl, der eine ausführliche Vorstellung, Diskussion und Einschätzung von Trowitz’ Arbeit enthält: [http://kiel-wiki.de/index.php?title=Datei:Kuhl_einschaetzung-e-h-schmidt-u-quellenkritik-trowitz_2017.pdf PDF-Datei.]


== ArbeiterInnen ==
== ArbeiterInnen ==
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Zu den vollständigen Interviews: [http://kiel-wiki.de/index.php?title=Datei:Kuhl_interviews-riedl_1990-1991.pdf PDF-Datei.]
Zu den vollständigen Interviews: [http://kiel-wiki.de/index.php?title=Datei:Kuhl_interviews-riedl_1990-1991.pdf PDF-Datei.]
=== Karl Edler ===
Karl Edler war Mitglied des Arbeiterrats in Kiel und später Stadtverordneter der SPD. Im Namen der Gewerkschaften stiftete er, zusammen mit Eduard Wolke (SPD) 1920 den zentralen Findling auf dem Kieler Eichhof-Friedhof mit der Aufschrift "Ruhestätte der Opfer der Revolution". Edler erstattete am 26. November 1918 in Berlin auf einer Sitzung des Vollzugsrats einen Bericht über die Vorgänge in Kiel.
Auszüge:
: ''Der wichtigste Punkt war bei uns das Ernährungswesen. Wir haben aber auch diese Frage zur vollsten Zufriedenheit der ganzen Bevölkerung bei uns gelöst. Auch die Zivilpersonen stellten sich hierbei hindernd in den Weg. Durch unsere Macht haben wir sie aber gezwungen, uns nachzugeben. Wir waren durch die entgegengesetzte Tätigkeit von Zivilpersonen in die Enge getrieben, daß wir tagelang keine Lebensmittel bekamen und vor allen Dingen die Milch für die Kinder fehlte. Die Lebensmittel lagen in Plön und Eckernförde, und Kiel bekam nichts. Schließlich hatten wir unseren Fuhrpark so in Bewegung gebracht, daß wir uns Milch und anderes durch Autos herbeiholten, und so bekommen wir jetzt ausreichend Lebensmittel heran.''
Zum kommentierten Protokollauszug: [http://kiel-wiki.de/index.php?title=Datei:Edler_bericht-in-berlin-26-nov-1918.pdf PDF-Datei].
=== Otto Preßler ===
[[Datei:otto-pressler_1979.jpg|150px|thumb|right|Otto Preßler 1979 in seiner Wohnung in Kiel-Mettenhof während des Interviews. Foto: K. Kuhl.]]
Der Metallfacharbeiter Otto Preßler (1895–1981) war SPD- und Gewerkschaftsmitglied. Von 1915 bis Kriegsende musste er in Russland und später an der Westfront als Waffenmeister kämpfen. Er kam über Braunschweig am 10. Dezember 1918 nach Kiel zurück. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern der KPD in Kiel und wurde später Vorsitzender. Weil er sich der linksradikalen Entwicklung der KPD widersetzte, wurde er 1929 ausgeschlossen und trat der KPD-Opposition (KPD-O) bei. Nach 1945 wurde er erneut Vorsitzender der KPD in Kiel. Er wurde zum Bevollmächtigten der IG Metall gewählt. Im Jahr 1946 wurde er in den Rat der Stadt Kiel gewählt und war Mitglied der beiden ersten ernannten schleswig-holsteinischen Landtage. 1968 wurde er Mitglied der DKP. Er wurde 1979 von Klaus Kuhl zu seiner Rolle und seinen Einschätzungen der Entwicklung in den ersten Revolutionsmonaten 1918/1919 interviewt.
Auszüge bezüglich der Februarunruhen 1919 in Kiel (so genannter Spartakusaufstand):
:''Ja, das war dann im Februar 1919. Da war Bremen Räterepublik und dann kamen die Nachrichten, Noske will die Räterepublik beseitigen und die Division Gerstenberger von Berlin wird in Bewegung gesetzt. Da haben wir … aufgerufen zur öffentlichen Versammlung, um die Bremer Arbeiterschaft in der Verteidigung ihrer Räterepublik zu unterstützen. Und diese Versammlung war in der „Concordia“ an der Lübecker Chaussee; das war so ein Tanzlokal, brechend voll. … Der Plan war, und das wurde auch nach der Versammlung … in der Besprechung gesagt, Aktionen hier in Kiel zu organisieren, um Truppen hier an Kiel zu fesseln, die nicht nach Bremen konnten.''
:''Mit einer Kolonne sind wir rausgefahren, …  und haben auf der Levensauer Hochbrücke die zwei Maschinengewehre weggeholt. Da waren dann die „Noskiten“, die da Wache hielten. Die sagten: “Wir sind auch nicht für Noske. Nehmt’se man mit.“ … Dann haben wir noch einen Lastwagen angehalten von Eckernförde, wir wollten doch die Maschinengewehre nicht reinschleppen. Und der Fahrer der war ganz verlegen …, da lagen unter der Persenning so geschlachtete Kühe oder was. Wir haben uns nachher nicht mehr um das Fleisch gekümmert, Hauptsache, dass wir die Maschinengewehre nach Kiel rein kriegten. Vorher habe ich sie noch ausprobiert an der Böschung bei der Eisenbahn. Die sagten: „Otto, du kannst doch hier neet scheeten.“ Ich sage: „Ich muss erst mal sehen, ob sie auch funktionieren.“ … [in der] Schule in der Legienstraße gegenüber vom Gewerkschaftshaus wurden die postiert.''
:''Und ich weiß noch ganz genau, dass wir mit einer kleinen Truppe in der Kommandantur, Marinestation Ostsee, da sind wir hin und haben da zwei Admiräle – weiß der Teufel mit den Streifen – gefangen gesetzt; eingeschlossen, die Waffen weggenommen. Wir haben gesagt: “Da bleibt ihr erstmal drin!“ Das waren alles Feldsoldaten, die hatten alle noch so ein bisschen „Rosch“. Und denn auf einmal … kamen welche angelaufen, wir sollten die Kommandantur aufgeben. … Da war die Knallerei da schon im Gange an der Kaserne, und dann sollten wir dorthin. … Und dann wurde diese militärische Organisation der Deckoffiziere eingesetzt, dann ging die Schießerei los. Der Fritz Schulz da, der hat auf dem Bauch gelegen unter den Toten, auf der Treppe. … Und dann wurde gefeuert aus allen Rohren. Mit Maschinengewehren kamen die Brüder an und knatterten dazu. Da war ein Haufen Tote.<ref group="A">Insgesamt kamen bei dieser Aktion sechs der KPD nahe stehende Männer ums Leben, von denen fünf auf der Revolutionsanlage auf dem Eichhof beerdigt wurden, das sechste Opfer wurde nach Lichtenberg überführt; vgl. Klaus Kuhl: Opfer von Matrosen-/Arbeiteraufstand 1918, Februarereignissen 1919 und Kapp-Putsch 1920. Kiel 2021. Online zugänglich (aufgerufen am 18. Juni 2022) unter: [http://www.kurkuhl.de/docs/liste_opfer.pdf].</ref> Wir haben uns, um nicht noch das letzte runter schießen zu lassen, zurückgezogen.''
:''All so’n Krom hebt wi mokt, damals. Aber es war doch so, dass eben die große organisierte Masse der Kieler Arbeiter nicht dabei war. … Das ging ja alles so impulsiv und spontan, hier und dort sammelten sich die Gruppen und machten das. Da war keine Zusammenfassung.''
Zum vollständigen Interview: [http://kiel-wiki.de/index.php?title=Datei:Kuhl_interview-pressler-novrev_1979.pdf PDF-Datei.]


== Mittelschicht ==
== Mittelschicht ==
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Das vollständige Tagebuch mit einer Textanalyse wurde im Peter Lang Verlag veröffentlicht: Klaus Kuhl: Kiel und die Revolution von 1918. Das Tagebuch eines Werftingenieurs, verfasst in den Jahren 1917-1919. Edition und Textanalyse. Berlin 2018 (Kieler Werkstücke Bd. 51). ISBN 978-3-631-75857-1.
Das vollständige Tagebuch mit einer Textanalyse wurde im Peter Lang Verlag veröffentlicht: Klaus Kuhl: Kiel und die Revolution von 1918. Das Tagebuch eines Werftingenieurs, verfasst in den Jahren 1917-1919. Edition und Textanalyse. Berlin 2018 (Kieler Werkstücke Bd. 51). ISBN 978-3-631-75857-1.


=== Erh. Müller, Beamter einer Kieler Werft ===
Im Kieler Stadtarchiv ist ein Brief von Erh. Müller, Beamter (damals synonym für Angestellter) einer Kieler Werft an Dora in Zeilitzheim (Ortsteil der Gemeinde Kolitzheim im südlichen Landkreis Schweinfurt in Unterfranken). Zu beiden Personen liegen leider keine weiteren Informationen vor. Müller beschreibt eigene Erlebnisse während der Revolutionszeit.
Auszüge:
:''Diese ersten Schüsse [am Sonntag, 3. November 1918 abends] hörte ich von der Jungmannstraße her deutlich, wie ich auf dem Wege zu Güttlers war. 10 Minuten später wollte ich auch zum Tatplatz eilen, fand aber sämtliche Straßen militärisch besetzt.''
:''Am Montagabend saß ich gerade beim Abendbrot, als ich vom [[Wilhelmplatz|Wilhelmsplatze]] her einen tosenden Lärm vernahm. Ich eilte sofort hin um zu sehen, was es gab, und fand den großen Platz gedrängt voll von Matrosen die dort unter Mitführung von roten Fahnen, die Befreiung von 80 Meuterern feierten und Ansprachen hielten, die meistens in Lärm untergingen.''
Zum vollständigen Dokument: [http://kiel-wiki.de/index.php?title=Datei:Mueller_brief-an-dora_1919.pdf PDF-Datei].


== Überregionale Persönlichkeiten ==
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== Bekannte Politiker ==
===Gustav Noske ===
===Gustav Noske ===
[[Datei:Noske gustav before 1918.png|150px|thumb|right|Gustav Noske vor 1918.]]
 
Gustav Noske (1868–1946) war ein bekannter SPD-Reichstagsabgeordneter, der sich auf Militärfragen spezialisiert hatte. Er wurde am 4. November 1918 zusammen mit dem Regierungsmitglied Conrad Haußmann nach Kiel geschickt, um die Lage unter Kontrolle zu bringen. Noske schrieb nach dem Kapp-Putsch 1920 seine Erinnerungen an diese Zeit in dem Buch „Von Kiel bis Kapp“ nieder.<ref>Gustav Noske: Von Kiel bis Kapp. Zur Geschichte der deutschen Revolution. Berlin 1920. Online zugänglich (aufgerufen am 31. Juli 2022) unter: [https://portal.dnb.de/bookviewer/view/1131562372#page/n6/mode/1up].</ref>
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Auszüge (S. 23 f.):
:''Als mittags die Vertrauensleute der verschiedenen Formationen sich im Saal der Station einfanden, um mit mir die Lage zu besprechen, […] musste der Versuch gemacht werden, sobald wie möglich wieder zu einem ordnungsmäßigen Zustand zurückzugelangen. Ich schilderte den Leuten die Sachlage, so wie sie mir erschien und besprach […] den entsetzlichen Zustand, in dem sich unser Volk […] befinde und leitete dann […] dazu über, unter welchen etwaigen Voraussetzungen der Kieler Meuterei, die ich persönlich aufs schärfste verurteilte, ein Ende zu machen sei. Daß politische Reformen, für die man sich erhoben habe, erfüllt würden, sei selbstverständlich. Über eine Amnestie werde die Regierung mit sich reden lassen.''
:''Meine Darlegungen machten auf die Leute sichtlich tiefen Eindruck. Artelt, der dazwischen fahren wollte, erhielt von mir einen Dämpfer. Die Reichstagsabgeordneten Hoff und Dr. Struwe, […] haben mir später wiederholt versichert, daß sie niemals eindrucksvollere Darlegungen gehört hätten. Eine Diskussion ließ ich nicht zu, sondern riet den Leuten, mit ihren Kameraden das Gehörte durchzusprechen und dann die Schlußfolgerung in einer großen Vertrauensmännerversammlung zu ziehen, die gegen Abend stattfinden sollte. ''
:''In der Versammlung im Schloßhof am späten Nachmittag […] es waren an tausend Mann anwesend. […] Redner wurden mitten in ihren Ausführungen […] unterbrochen und [es] redete ein anderer [...] drauf los. [...] Nach ein paar Stunden bekam ein beträchtlicher Teil die Sache satt und ging davon. Schließlich wurde die Versammlung ohne Resultat geschlossen. ''
Zeitnahe Berichte in der SPD-Zeitung und von Lothar Popp zeichnen jedoch ein anderes Bild. Popp schreibt: „ […] gab Abgeordneter Noske die Bedingungen der Regierung [für den Abbruch des Aufstands] bekannt. […] Noske gab zu bedenken, dass die Bewegung zwar in Kiel gesiegt habe, dass aber, da sie isoliert sei, ihr doch große Gefahren drohen, […] Der Vorsitzende des Arbeiterrats Garbe [SPD] und ich führten aus, dass wir doch noch Zeit haben zu warten […] Nicht die Regierung hat Bedingungen zu stellen, sondern wir. Es wurde dann einstimmig beschlossen, das Angebot abzulehnen. Es wurde dann der Antrag gestellt, da anscheinend Haase oder Dr. Cohn verhindert würden, nach hier zu kommen, einen anderen Vertreter der Unabhängigen [Popp] an die Seite Noskes [dem vorläufigem Vorsitzenden der Soldatenräte] zu stellen, um die Parität zu wahren. Dem wurde zugestimmt und die Wahl vollzogen.“<ref>Popp/Arterlt, Ursprung, S. III-25.</ref> Am folgenden Tag hatte Popp die Soldatenräte neu organisiert. Es wurde der Oberste Soldatenrat gebildet, zu dessen Vorsitzenden Popp gewählt wurde. Noske ersetzte den Gouverneur Admiral Souchon.


== Anmerkungen ==
== Anmerkungen ==
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[[Kategorie:1911-1920]] [[Kategorie:Erster Weltkrieg]] [[Kategorie:Kieler Arbeiter- und Matrosenaufstand]]
[[Kategorie:1911-1920]] [[Kategorie:Erster Weltkrieg]] [[Kategorie:Kieler Matrosenaufstand]]
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