Ein Metjen nahmens Preetzen

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Originaltitel Ein Metjen nahmens Preetzen
Produktionsland Deutschland
Erscheinungsjahr 2014
Länge 89
Originalsprache Deutsch
FSK 12
Drehbuch, Regie, Produzent Gerald Koll
Musik Jörg Meyer
Kamera Gerald Koll
Schnitt Friederike Anders
Besetzung Katja Hensel
Auszeichnungen FBW 2014 Prädikat: besonders wertvoll

Ein Metjen nahmens Preetzen ist ein deutscher Dokumentarfilm von Gerald Koll aus dem Jahr 2014.
Thema des Filmes ist ein Hexenprozess in Kiel im Jahr 1676.
Bei dem im Titel genannten "Metjen nahmens Preetzen" (die Schreibweise folgt dem Kieler Stadtprotokoll) handelt es sich um eine historische Figur:
Anje Preetzen bezichtigte im April 1676 ihre Stiefmutter, eine Hexe zu sein, und löste damit das Inquisitionsverfahren aus.
Der Film wurde im Stil eines illustrierten Hörspiels produziert und präsentiert überwiegend Kupferstiche, Holzdrucke und Bildquellen des 17. Jahrhunderts.

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 25. April 1676 erwähnen die Kieler Stadtprotokolle „ein Metjen nahmens Preetzen“.
Das Mädchen klagt seine Stiefmutter an: sie treibe „gottlose Sachen“ und führe auf den „düstern bergk“.
Zwei Monate später werden zwei Hexen verbrannt – die letzten Hexen von Kiel. Stand die kleine norddeutsche Fördestadt im Bann von Hexenwahn und Hexenjägern?
Ganz und gar nicht. Und doch musste es so kommen. Wie es kam, erzählt das Mädchen selbst. Es heißt Anje Preetzen und ist 350 Jahre alt. Die Erinnerung dieses Mädchens ist aufgeladen mit Bildern des 17. Jahrhunderts: mit barocken Gemälden, Holzdrucken, Kupferstichen und Quellen der Kieler Justiz. Ein Metjen nahmens Preetzen ist Anje Preetzens Geschichte, ein illustriertes Hörspiel, ein Versuch, die Vergangenheit zu Wort kommen zu lassen.[1]

Der Malefizprozess – eine Chronik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Vorgeschichte des Prozesses 1676 in Kiel führt acht Jahre zurück, zu einer Verwandten der 1676 verdächtigen Personen: Teke Busch, angeklagt der Hexerei, würde am 13. März 1668 wegen „bezüchtigter undt zugestandener Zeuberey“ verbrannt.
In den nächsten acht Jahren sind in Kiel keine weiteren Hexenverbrennungen verzeichnet, doch der Er Fall ist dem Kieler Rat und der Kieler Bevölkerung noch bestens in Erinnerung. Der Leumund der Familie Busch/Preetzen scheint nachhaltig vergiftet zu sein.

Der zeitliche Verlauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dienstag, 25. April 167
Eine Kieler Delegation reist zum Gut Bülk an der Küste. Dessen Gutsherr Wolf von Buchwaldt hat sie gerufen, denn ihm ist ein Gerücht über eine Kielerin zu Ohren gekommen, das der Untersuchung bedarf: Hexerei.
Der Kieler Syndicus Hennings und der Ratsherr Petzolt verhören eine auf dem Bülker Gut tätige Magd, laut Protokoll „ein Metjen nahmens Preezen“, Anje Preetzen.
Das Mädchen gibt an, seine in Kiel ansässige Stiefmutter Trinke Preetzen habe es zu „allerhant Üblem“ angewiesen, auch gehe die besagte Stiefmutter auf den „düstern Berck“. Das Mädchen gibt ferner zu Protokoll, die Stiefmutter verübe „gottlose Sachen“ und habe „zu Bülk gehuret“. Zurück in Kiel erstatten die Amtspersonen Bürgermeister von Lengerke Bericht.

Mittwoch, 26. April 1676
Die in einem Keller in der Flämischen Straße wohnhafte Kielerin Trinke Preetzen wird umgehend verhaftet und zum Verhör auf das Rathaus gebracht. Trinke streitet alles ab. Sie gibt zu Protokoll, Anje Preetzen nicht zu kennen.
Anjes Dienstherr wird aufgefordert, das Mädchen möge am 29. April nach Kiel kommen, um seiner Stiefmutter gegenübergestellt zu werden. Trinke Preetzen verbleibt im Veste am Markt neben dem Rathaus.

Montag, 1. Mai 1676
Ein offizielles Verfahren wird eingeleitet, Trinke Preetzen vom Stadtgefängnis in der Veste in die Büttelei in der Haßstraße verlegt, einen stark abgeschirmten Turm mit Folterkammer. Hier landen Schwerverbrecher. Hier arbeitet der Büttel Paul Möller. Es wird beschlossen, dass Trinke nochmals vernommen wird und Fiscalis (Staatsanwalt) und Defensor (Verteidiger) eingesetzt werden.
Ob die juristische Fakultät der elf Jahre zuvor gegründeten Kieler Christian-Albrechts-Universität mit einer strafrechtlichen Expertise zu Rate gezogen wird, ist nicht belegt, aber nicht ausgeschlossen. Zwei ihrer derzeit namhaftesten Repräsentanten sind die Professoren Samuel Reyher und Johann Daniel Major. Das nunmehr offiziell eröffnete Verfahren scheint für sieben Wochen etwas auf der Stelle zu treten. Trinke erleidet wiederholt Folter.

Montag, 19. Juni 1676
Die Rechtsbeistände erstatten Bericht. Trinke sei wiederholt gefoltert worden; inzwischen sei sicher, dass sie sich mit dem Teufel eingelassen, Blasphemie begangen, die Oblate missbraucht und die Stieftochter zur Hexerei angestiftet habe. Außerdem habe Trinke ausgesagt, mit ihrem Vater Hinrich Busch auf dem Hexentanz gewesen zu sein. Busch sei ihr Lehrmeister gewesen. Das nimmt sie zunächst zurück, nach nochmaliger Tortur aber bleibt sie bei der Aussage. Darauf wird beschlossen, Busch zu verhaften. Er ist bei der Stadt angestellt als Viehhüter.

Dienstag, 20. Juni 1676
Gemäß Dekret wird Hinrich Busch verhaftet und gefoltert. An seinem Körper wird eine von Trinke bezeichnete weiße Hautstelle gefunden, die auf Nadelstiche nicht reagiert (kein Schmerz, kein Blut) und damit als Stigma (Teufels- und Hexenmal) identifiziert wird.
Man beschließt, die Befragung fortzusetzen. Auch für Hinrich und Trinke wird eine Gegenüberstellung angeordnet, auch für Hinrich Busch werden Fiskal und Defensor eingesetzt. Ferner solle „wegen der Tortur ergehen und geschehen lassen was recht ist“.

Dienstag; 27. Juni 1676
Die Rechtsbeistände referieren, Hinrich Busch habe nach der Folter ein Bekenntnis abgelegt. Seine Schuld an der Hexerei sei sicher. Er sei allerdings weiter genau anhand der Aktstücke (die nicht überliefert sind) zu vernehmen.

Freitag, 30. Juni 1676
Tag der Hinrichtung. Das Wetter ist laut Protokoll „übermäßig heiß“.
Morgens vor der Predigt erhalten die Delinquenten das heilige Abendmahl. Um 12 Uhr fährt ein Wagen vor, der die Verurteilten vor dem Gericht absetzt. Dort werden die Urteile verlesen, das Urteil für Trinke Preetzen und das Urteil für Hinrich Busch. Nach lautendem Recht müssen die Delinquenten das Urteil bestätigen. Daraufhin werden sie auf die Richtstätte gebracht. Der Transport bereitet offenbar Probleme. Es gibt Engpässe bei der Beförderung, denn es ist für die Geistlichkeit, die die Delinquenten begleiten soll, kein Wagen verfügbar. Als Geistliche abgestellt sind nicht der ranghöchste Geistliche Hauptpastor Friedrich Jessen, sondern Diakon Gabriel Wedderkop und der Prediger der Heilig-Geist-Kirche Martin Bützer, der wiederum den erkrankten und „unpässlich“ gemeldeten Archidiakon Matthias Burchard vertritt. Im Vorfeld der Exekution bitten Wedderkopp und Bützer den Rat dringlich um einen Wagen, der ihnen nach einigem Hin und Her gewährt wird.
Die Delinquenten werden Richtstätte, die „Walstatt...vor dem Stadtholz“, vermutlich am Galgenteich außerhalb von Kiel, hingerichtet und verbrannt. Die Ausführung dürfte, obwohl namentlich nicht erwähnt, der amtierende Scharfrichter Paul Möller übernommen haben.
Über die weitere Behandlung des Mädchens Anje Preetzen schweigen die Akten.[2]

Über Gerald Koll[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gerald Koll (* 29. Mai 1966 in Kiel) ist ein deutscher Kulturjournalist, Autor und Filmemacher und lebt in Berlin.

Koll promovierte 1995 nach dem Studium der Literaturwissenschaften zum Thema Erotik im Stummfilm, speziell zur Rolle der Erotik in den Stummfilmen von Georg Wilhelm Pabst.
Seit 1989 veröffentlicht er in Zeitungen, Magazinen, Enzyklopädien und Anthologien, Daneben entstanden freie Texte wie z. B. Kiel auf Sand (Umtrieb-Verlag, Kiel 2004) mit Zeichnungen von der Kieler Künstlerin Katharina Jesdinsky.
Seit 2000 entstanden Dokumentarfilme für Arte und 3sat, zunächst meist mit filmhistorischem Bezug, und Kinofilme.[3]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweisen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]