Lotti Huber

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Lotti Huber

Charlotte Dora 'Lotti' Huber, geb. Goldmann (* 16. Oktober 1912 in Kiel; † 31. Mai 1998 in Berlin) war eine deutsche Schauspielerin, Sängerin, Tänzerin und Autorin.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lotti Goldmann kam in Kiel als Tochter großbürgerlicher jüdischer Eltern zur Welt. Der Vater, der Textilkaufmann Robert Goldmann, war aus Görlitz nach Kiel gekommen, wo sein Bruder Emil Goldmann bereits das Modehaus Berju führte. Er eröffnete ein Herrenausstattungsgeschäft, später dann einen Textilhandel im Holstenhaus, an der Holstenstraße Ecke Faulstraße. Die Mutter war Johanna, geb. Leipziger, mit 18 Jahren halb so alt wie ihr Ehemann; beide stammten ursprünglich aus Posen. Ihre Ehe nennt die Tochter eine mariage de convenance, eine "Zweckehe".[1]

Lotti Goldmann wuchs mit zwei Brüdern auf, dem zwei Jahre älteren Walter († 1932) und dem drei Jahre jüngeren Kurt.

"Wir drei Gören hatten eine glückliche Kindheit, großzügige, liebevolle Eltern, die uns keinen Wunsch abschlugen. Mein Vater distanziert, aber seiner Pflichten bewußt, sorgte für die nötigen Finanzen. Für unser Seelenheil zuständig war meine Mutter. [...] Sie war das wirkliche Oberhaupt der Familie und hatte alles fest in der Hand. Unbekümmert tobten wir drei Kinder in unserer großen Sieben-Zimmer-Wohnung in der Holstenbrücke 6 herum. Unterstützt wurde der Haushalt von einem Dienstmädchen, einer Köchin, einem Kinderfräulein, einer Weißnäherin und einer Waschfrau. Unsere Wohnung lag in der dritten Etage des Hauses."[2]

Früh interessierte sie sich für Tanz und Theater; als Tochter aus gutem Hause erhielt sie selbstverständlich mit sechs Jahren Ballettunterricht - bei der Ehefrau des Theaterintendanten Curt Elwenspoek, die dort Ballettmeisterin war.[3] Durch das Theaterinteresse ihrer Mutter verkehrten im Haus auch junge Künstler wie Carl Zuckmayer und Gustaf Gründgens.

Lotti Huber schloss in Kiel das Oberlyzeum ab, als zweiter Jahrgang, dem das an dieser Schule möglich war. Leiterin war "Frau Oberstudienrätin Schulze"[4]; es handelte sich also wohl um das Oberlyzeum II an der Paul-Fleming-Straße, die heutige Käthe-Kollwitz-Schule.[5] Jedoch berichtet sie von antisemitischen Anwürfen, die sie schon in der Grundschule erlebte, von einzelnen Mitschülerinnen wie von Lehrern, die nichts dagegen unternahmen.[6]

Mit ihrer Jugendliebe Hillert Lueken, dem Sohn des ehemaligen Kieler Oberbürgermeisters Emil Lueken, ging sie nach Berlin und lebte dort mit ihm zusammen. Hillert Lueken wurde deshalb 1937 von den Nationalsozialisten wegen "Rassenschande" verhaftet und ermordet.

"Hillert wurde, wie ich später erfuhr, im Gefängnis von einem Wärter aus bis heute noch nicht geklärten Ursachen hinterrücks erschossen. Sein Tod wurde als Selbstmord getarnt, aber als seine Leiche seinen Eltern übergeben wurde, zeigte sie einen Genickschuss."[7]

Sie selbst wurde in den KZs Moringen und Lichtenburg gefangen gehalten. Durch das Engagement ihres Bruders Kurt, der nach seiner Emigration den Namen Ruwen Golan annahm, kaufte 1938 eine US-amerikanische Organisation Lotti Goldmann frei. Sie emigrierte über die Schweiz und Italien nach Palästina.

1965 wurde ihr zweiter Mann, der britische Offizier Norman Huber, in die Bundesrepublik Deutschland versetzt; sie kehrte mit ihm nach Berlin zurück. Nach dem Tod ihres Mannes musste sie sich mit Gelegenheitsjobs durchschlagen. Erst durch ihre Zusammenarbeit mit dem Filmemacher Rosa von Praunheim wurde sie ab 1990 einem größeren Publikum bekannt, dann auch durch ihre viel gelesenen Lebenserinnerungen. Danach trat sie bis zu ihrem Tod mit Soloprogrammen auf, die biografische Erzählungen, Tanz, Kabarett und Chanson miteinander verbanden, war Gast in Fernsehsendungen und galt als Star des Berliner Underground. Sie erwarb sich eine große Fangemeinde, vor allem in der schwul-lesbischen Szene.

1982 besuchte sie zum ersten Mal seit ihrem Wegzug nach Berlin wieder ihre Geburtsstadt, zur Premiere von Rosa von Praunheims Film Unsere Leichen leben noch. Sie hatte sie "nie wieder" betreten wollen und sich zunächst auch gegen diesen Besuch gewehrt.[8]

Lotti Huber ist auf dem Jüdischen Friedhof Heerstraße in Berlin neben ihrem Mann Norman Edwin Huber beigesetzt.

Veröffentlichungen / Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Huber, Lotti: Diese Zitrone hat noch viel Saft! Ein Leben (St. Gallen 1990, ISBN 3-423-11673-0; München 1993, ISBN 978-3-423-20223-7)
  • Weitere Bücher und Tonträger sowie eine Übersicht über ihre Filme sind in ihrem Eintrag bei Wikipedia aufgelistet.
  • Bachnick, Dieter: Lotti Huber. Weisheit = Herz + Schnauze. Fotostudie (Berlin 1998), ISBN 3-9804297-0-9
  • Dick, Jutta / Sassenberg, Marina (Hrsg.): Jüdische Frauen im 19. und 20. Jahrhundert (Reinbek 1993), ISBN 3-499-16344-6

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Lotti Huber sind in Kiel eine Senioreneinrichtung, das Lotti-Huber-Haus, und ein Platz in der Altstadt, der Lotti-Huber-Platz, benannt.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]


Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Huber, Lotti: Diese Zitrone hat noch viel Saft! Ein Leben (München 1993), S. 8 f.
  2. Huber, Lotti: Diese Zitrone hat noch viel Saft! Ein Leben (München 1993), S. 15 f.
  3. Huber, Lotti: Diese Zitrone hat noch viel Saft! Ein Leben (München 1993), S. 11 f.
  4. Huber, Lotti: Diese Zitrone hat noch viel Saft! Ein Leben (München 1993), S. 11
  5. Es wurde laut Kieler Adressbuch von 1930 um diese Zeit von einer Studiendirektorin Schulze geleitet.
  6. Huber, Lotti: Diese Zitrone hat noch viel Saft! Ein Leben (München 1993), S. 14
  7. Huber, Lotti: Diese Zitrone hat noch viel Saft! Ein Leben (München 1993), S. 27. Bei Wikipedia: Emil Lueken , abgerufen 01. Oktober 2020, heißt es, er sei "in den Tod getrieben" worden - die Selbstmordtheorie.
  8. Huber, Lotti: Diese Zitrone hat noch viel Saft! Ein Leben (München 1993), S. 8