Anschar-Krankenhaus

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Anschar-Krankenhaus

Aktiv
Nein
Rechtsform
gemeinnützig, Träger: DRK-Anschar-Schwesternschaft e. V.
Gegründet
1950
Beendet
1988
Adresse
Weimarer Straße 8
24106 Kiel
Stadtteil
Wik
Branche
Gesundheitsunternehmen
Anschar-Krankenhaus


Das Anschar-Krankenhaus in der Wik war zuerst ein Marine- und Garnisonslazarett; nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es für zivile Patienten geöffnet. Im Volksmund wurde es seitdem - nach der Anschar-Heinrich-Schwesternschaft, die den Pflegebereich abdeckte - "Anschar-Krankenhaus" genannt.[1]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Marine- und Garnisonslazarett[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Marine- und Garnisonslazarett wurde zwischen 1903 und 1907 nach den Plänen des Berliner Baurats Georg Schwartzkopff (* 8. März 1852 in Berlin, † 4. Oktober 1904 in Berlin) im Stil des Historismus und Jugendstils in der Kaiserzeit errichtet.[2]

Das Lazarett war damals technisch und medizinisch fortschrittlich. Das ca. 60 ha große Gelände war vor seiner Bebauung eine Mulde, die mit Aushub aus dem Bau des Nord-Ostsee-Kanals aufgefüllt wurde. Das Lazarett umfasste insgesamt 16 Gebäude: die Villa für den Direktor, Häuser für Ärzte, Inspektoren, Unterbeamte und Bedienstete, ein Operationshaus, Badehaus, Pförtnerhaus, Kiosk, Verwaltungshaus und Wirtschaftsgebäude (Haus 8) sowie Bettenhäuser und das Kesselhaus für die Fernwärme (Haus 15). Für das damals fortschrittliche Fernwärmesystem waren alle Gebäude durch begehbare Versorgungstunnel miteinander verbunden. Außerdem gab es einen Tierstall, einen Gemüsegarten und einen Park mit streng geometrisch angelegten Wegen zur Erholung für die Patienten, die in den vier Pavillons in Sälen mit 14 bis 16 Betten untergebracht waren. In den für Schwerkranke vorgesehenen Krankenblocks A und B standen wesentlich kleinere Zimmer für 1 bis 5 Patienten zur Verfügung.[3]

Am Rande des Areals war zur Weimarer Straße hin das Absonderungshaus (Haus 7) untergebracht: Da es damals noch keine Antibiotika gab, wurden dort Menschen mit ansteckenden und psychischen Krankheiten untergebracht. Daneben lagen Haus 12, die Leichenhalle bzw. die Pathologie, in der damals Tote obduziert und aufgebahrt wurden, und das später gebaute Haus 13, eine kleine Kapelle.

Im Wirtschaftsgebäude Haus 8 (jetzt das Atelierhaus) war die damals hochmoderne Großküche mit einer Dampf-, Koch- und Bratküche nebst Vorbereitungsräumen und Spülküche untergebracht. In den oberen Stockwerken lagen der Speisesaal für die Mannschaft und der Speiseraum für Sanitätsunteroffiziere. Im östlichen Gebäudeteil befanden sich die Waschanstalt, die Plättstube und die Wohnung des Plättmeisters.

Die Gebäude waren entlang zweier Achsen angelegt - eine führte vom Operationsgebäude zu den Bettenhäusern und eine vom Haus 1 durch das Operationsgebäude zum Wirtschaftsgebäude. Daneben waren die Wohngebäude angeordnet. Das Gelände war zum Marinestützpunkt nach Norden geöffnet - nicht zur Stadt nach Süden.

Im Zweiten Weltkrieg erhielt das Lazarett mehrere Bombentreffer. Die Chefarzt-Villa und das Operations- und Badehaus wurden vollständig zerstört, der Krankenblock B weitestgehend. Die meisten anderen Gebäude erlitten nur leichtere Schäden an den Dächern und Giebeln. Nicht zuletzt deswegen konnten im Krieg und in der Nachkriegszeit viele Kliniken aus der weitgehend zerstörten Uniklinik und auch Teile des Städtischen Krankenhauses in die Wik ausgelagert werden.[4]

Anschar-Krankenhaus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die Anschar-Heinrich-Schwesternschaft den größten Teil des Pflegedienstes. 1950 pachtete die Schwesternschaft das Lazarett und öffnete es auch für zivile Patienten. In Kiel wurde der Komplex fortan als Anschar-Krankenhaus bezeichnet. Die Marine zog sich in den kommenden Jahrzehnten zurück: In Kronshagen nahm 1974 das Bundeswehrkrankenhaus Kiel mit den bereits in den Jahren 1936 bis 1942 errichteten Hauptgebäuden seinen Betrieb auf.

Das Anschar-Krankenhaus belegte nur einen Teil der Gebäude. In anderen waren noch mehrere Bereiche der Kliniken der Uni Kiel und des Städtischen Krankenhauses untergebracht: die Zahnklinik, die Neurochirurgie sowie die Neurologie und Psychiatrie. Im Haus 3 gab es Hörsaal, Bettensaal, Forschungslabor und Räume für Professoren. Einer von ihnen war Hans-Gerhard Creutzfeldt, von 1938 bis 1953 Direktor der Neurologie und Psychiatrie.

Im Laufe der Zeit änderten sich die baulichen Anforderungen an die Krankenhaus-Gebäude; die Statik der Gewölbedecken aus Beton wurde als nicht mehr ausreichend angesehen. Deswegen durfte seit etwa 1989 der Hörsaal nicht mehr benutzt werden.[5]

1988 wurde das Anschar-Krankenhaus zu Gunsten eines Neubaus im Städtischen Krankenhaus geschlossen.[6] 1996/97 wurde beschlossen, die Gebäude in ihrer Funktion nicht zu sanieren. Für ein Krankenhausgebäude wurden sie als nicht mehr zeitgemäß angesehen. Diese Auffassung teilte der letzte Chefarzt nicht:

"Leider war es aufgrund des Votums des Wissenschaftsrates, der der Neurochirurgie eine zentrale Rolle bei der modernen Patientenversorgung und Forschung auf dem Klinikumsgelände zuerkannte, nicht möglich, die Klinik in der Wik weiter auszubauen und für die nächsten Jahrzehnte wetterfest zu machen, obwohl Pläne gemeinsam mit der Klinik für Neurologie und dem Architektenüro Schnittger erarbeitet wurden."[7]

Nach und nach wurden die Gebäude, angefangen mit dem Haus 3, außer Betrieb genommen und begannen zu verfallen.

Zuletzt waren auf dem unter Denkmalschutz stehenden Gelände noch das Toxikologische Institut von Prof. Dr. Otmar Wassermann in Haus 3 und die Klinik für Neurochirurgie, ab 1991 geleitet von Prof. Dr. Maximilian Mehdorn, untergebracht. Letztere begann nach einer letzten neurochirurgischen Operation am 8. Juni 2004 mit dem Umzug ins neu erbaute Neurozentrum im Komplex des Universitätsklinikums an der Feldstraße.[8]

Heute liegt auf dem Gelände das Wohngebiet Anscharpark, in das einige der ehemaligen Lazarettbauten integriert sind.[9]

Bilder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Mattsson, Peter: Der Anscharpark - ein Meilenstein kreativer Stadtentwicklung. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): 125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018), S. 31-33
  • Mehdorn, Maximilian: Das Marinekrankenhaus Wik. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): 125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018), S. 34-40

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Commons: Marinelazarett Kiel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Kiel „Anschar-Krankenhaus“ auf dem Online-Stadtplan der Stadt Kiel, aufrufbar auf kiel.de

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Mehdorn, Maximilian: Das Marinekrankenhaus Wik. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): 125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018), S. 34
  2. Schwartzkopff, Georg auf der Website des Forschungsprojektes Conrad Wilhelm Hase (1818–1902), aufgerufen am 29. September 2018
  3. Mehdorn, Maximilian: Das Marinekrankenhaus Wik. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): 125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018), S. 37
  4. Mehdorn, Maximilian: Das Marinekrankenhaus Wik. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): 125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018), S. 37 f.
  5. Mehdorn, Maximilian: Das Marinekrankenhaus Wik. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): 125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018), S. 37 f.
  6. Chronik auf der Website www.anschar-schwestern.de/, aufgerufen am 29. September 2018
  7. Mehdorn, Maximilian: Das Marinekrankenhaus Wik. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): 125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018), S. 40
  8. Mehdorn, Maximilian: Das Marinekrankenhaus Wik. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): 125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018), S. 40
  9. Mattsson, Peter: Der Anscharpark - ein Meilenstein kreativer Stadtentwicklung. In: Maritimes Viertel e.V. (Hrsg.): 125 Jahre Eingemeindung der Wik in die Stadt Kiel 1893-2018 (Kiel 2018), S. 31-33